Seit gut acht Monaten ist im Arbeitsbereich NRW-West von Apostel Rainer Storck die Suchtkrankenhilfe mit einer eigenen Homepage online. Zeit für ein Gespräch mit dem Teamleiter der Suchtkrankenhilfe Priester Frank Storck aus dem Bezirk Niederrhein.
Priester Frank Storck (53) leitet das aus vier Mitgliedern bestehende Team der Suchtkrankenhelfer. Ihr Arbeitsbereich umfasst die Bezirke Dinslaken, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Niederrhein und Ruhr-Emscher. Das Hilfsangebot für Suchtkranke richtet sich an diese direkt, aber auch an Familienangehörige, die Partner, Kinder und Eltern, die gleichfalls durch die Sucht des Verwandten betroffen sind und daher in nicht seltenen Fällen Co-Abhängige sein können.
Die Tätigkeit des Suchtkrankenhelferteams begann bereits 2011. Am 1. Juni 2012 kam die Homepage für die Suchtkrankenhilfe dazu.
Priester Storck: War die Homepage hilfreich, den Bekanntheitsgrad des Hilfsangebots zu erhöhen?
Ein Teil unserer Arbeit ist die Enttabuisierung der Suchtproblematik. Suchtkranke und deren Angehörige sollen insbesondere erfahren, dass sie mit diesem “Makel“, der keiner ist, nicht alleine sind. Dabei helfen zum Beispiel die Fotos von unseren Veranstaltungen, die auf unserer Website veröffentlicht werden.
Zudem können mit der Website allgemeine Informationen gegeben werden, die jeder anonym für sich in Anspruch nehmen kann. Termine von Gruppenstunden und Adressen der Suchtkrankenhelfer können weiter gestreut werden als bisher. In diesem Sinne möchte ich sogar behaupten, dass die Homepage ein Segen für die Suchtkrankenhilfe ist, zumal sie meiner Meinung nach gut gestaltet ist und gepflegt wird. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf unser Logo hinweisen, das seit Erscheinen der Website unser Erkennungsmerkmal nach außen geworden ist. Der Bekanntheitsgrad könnte noch erhöht werden.
Welche Erfahrung hat das Team mit dem Angebot der telefonischen Hotline gemacht?
Das lässt etwas zu wünschen übrig. Wir sind insgesamt circa nur 10-mal über unsere telefonische Hotline angerufen worden. Die Anrufer nutzten die Hotline bisher meist für konkrete Fragestellungen, wie zum Beispiel: "Muss ich jemanden anzeigen, von dem ich weiß, dass er Alkoholiker ist, und trotzdem Auto fährt?"
Wie ist die Besucherfrequenz zu den Terminen der Selbsthilfegruppen, die ein- bis zweimal monatlich stattfinden?
In den drei Selbsthilfegruppen im Arbeitsbereich von Apostel Storck treffen sich regelmäßig insgesamt circa 20 betroffene Kirchenmitglieder und/oder deren Angehörige. Gesprächsthemen sind viele Suchtbereiche, nicht nur Alkohol. Die Treffen finden in Duisburg-Walsum, Essen-Frohnhausen und in Kamp-Lintfort statt. Damit sind zu weite Anfahrtswege innerhalb NRW-West weitgehend vermieden worden. Außerdem liegen die Treffpunkte jeweils nahe von Autobahnabfahrten beziehungsweise nahe von Bus- und Straßenbahnlinien.
Es nehmen seit Erscheinen der Website fünf Kirchenmitglieder mehr als bisher aktiv an den Gruppentreffen teil. Die Verbreitung durch interne Kommunikation wirkt sich ebenfalls aus. Auch die Vermittlung durch Seelsorger hat ein wenig zugenommen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft für die Selbsthilfegruppen?
Da ich selbst Alkoholiker bin, ich bin seit 2001 trocken, ist die Selbsthilfegruppe für mich ein Ort, an dem ich gelernt habe, mich nicht mehr als schlechter Mensch zu empfinden, weil ich trinke beziehungsweise getrunken habe. Mit diesem neuen Empfinden habe ich wieder Teilhabe am Leben in der „normalen“ Gesellschaft und meinen Platz darin gefunden. Wir sind als Gruppe also kein verschworener Haufen, der sich nur mit sich selbst beschäftigt, sondern wir bearbeiten das, was uns Schwierigkeiten macht, uns ohne Suchtmittel in der Gesellschaft zurechtzufinden.
Ich wünsche mir für die Selbsthilfegruppen, dass sie das weiterhin für mich und für viele andere Menschen leisten können.
Welchen Leitfaden haben Sie für die Arbeit im Bereich der Suchtkrankenhilfe? Gibt es eine Art Verfassung im Sinne einer Präambel für die Tätigkeit?
Das Team der Suchtkrankenhelfer sieht seine Aufgabe darin, Kirchenmitglieder, und auch nicht der Neuapostolischen Kirche zugehörigen Menschen, mit Rat und Tat zu unterstützen, die den Ausstieg aus ihrer eigenen Suchterkrankung wünschen. So steht es als Einleitung auf unserer Homepage. Zudem möchten wir allen Betroffenen, Angehörigen von Betroffenen und den Menschen, die mit Suchtkranken enger in Kontakt sind, zu einem unvoreingenommenen Umgang miteinander, aber auch untereinander verhelfen. Aus diesen Aussagen mit ihren Inhalten, sowie den von mir gegebenen Antworten auf ihre Fragen, werden wir noch eine Präambel erarbeiten, die beschreibt, mit welchem Spirit wir etwas tun möchten. An dieser Präambel wollen wir uns messen lassen und natürlich auch selbst messen.
Wird sie auch gottbezogene Elemente enthalten?
Ja, natürlich. Ich(wir) mache(n) die Suchtkrankenhilfe innerhalb unserer Kirche, nicht weil ich Alkoholiker und neuapostolisch bin, sondern weil ich neuapostolisch bin und Alkoholiker. Dementsprechend kommen natürlich Fragen auf, die die Sucht und den Glauben betreffen. Ich selbst habe erlebt, dass Gott Süchtigen hilft, indem er Impulse gibt und segnend begleitet. Das möchten wir in die Präambel einarbeiten und sie dann mit unserem Apostel besprechen. Das soll auch ein Zeichen und Hinweis sein, dass wir in unserer Kirche fachlich richtige Suchtkrankenhilfe anbieten und mit Gottes Hilfe tun wollen.
Welches Ziel verfolgt das Team der Suchtkrankenhelfer?
Auf keinen Fall wollen wir als die einzige, gute und richtige Suchtkrankenhilfe angesehen werden. Wir selbst sehen uns auch nicht so. Es gibt viele Verbände und Selbsthilfegruppen, die hervorragende Arbeit leisten. Mit einigen dieser Verbände und Gruppen stehen wir im engen Kontakt und tauschen uns aus. Wir sind eher eine gute Ergänzung zu den bisherigen Angeboten in der Suchtkrankenhilfe und stehen innerhalb unserer Kirche mit ihren Glaubenswerten allen Kirchenmitgliedern und auch nicht der Neuapostolischen Kirche zugehörigen Menschen in Suchtfragen zur Verfügung. Dabei soll die fachlich richtige Suchtkrankenhilfe die neuapostolischen Glaubenswerte nicht aufweichen und umgekehrt auch nicht.
Als Nahziele möchten ich hier im Einzelnen nur einige Punkte aufführen. Aufklärungsarbeit ist ganz wichtig, damit zum einen die Vorurteile aufhören und jeder, der häufiger mal eine Fahne hat, nicht mehr sofort als "Alk" abgestempelt wird. Zum anderen muss die Unsicherheit aufhören, die Thematik der Sucht anzusprechen. Die Enttabuisierung des Themas Sucht ist ganz wichtig. Als weiteren Punkt sollten Seelsorger nicht mehr nur “gesundbeten“ und oder aus Unwissenheit gut gemeinte, aber falsche Ratschläge geben. Das wollen wir unter anderem mit Infoveranstaltungen in den Bezirken und mit „Seminaren für Amtsträger" erreichen.
Übergeordnetes Ziel ist die Zusammenarbeit von Seelsorge und Suchtkrankenhilfe. Seelsorge und Suchtkrankenhilfe Hand in Hand war von je her meine Vision. Aus dieser Vision hat sich mittlerweile schon ein Ziel formulieren lassen, der Weg dahin ist auch beschrieben und zum Teil haben Seelsorge und Suchtkrankenhilfe schon angefangen, diesen Weg zu gehen.
Wird das Suchtkrankenhelfer-Team sich auch an der zentralen Jubiläumsveranstaltung in diesem Jahr anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Neuapostolischen Kirche in Dortmund beteiligen?
Ja, auf jeden Fall! In der Zeit vom 30. Mai 2013 bis 2. Juni 2013 sind wir auch in der Westfalenhalle mit einem Stand vertreten und leisten dort Öffentlichkeitsarbeit. Für Einzelgespräche stehen wir dort gerne zur Verfügung.
Priester Storck, herzlichen Dank für das Gespräch.
23. Januar 2013
Text:
Udo Paul
Fotos:
Ludwig Heimrath; redaktionelle Bearbeitung: Ute Paul
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